Ganz ehrlich: eigentlich wollte ich mit diesem Blogbeitrag einen Ansatz einer allgemeinverbindlichen Definition von Kunst schreiben. Ein erstes Mal scheiterte ich bei meinen Ausführungen darüber, dass eine Definition überhaupt möglich sein muss. Beim zweiten Anlauf verrannte ich mich mit wehenden Fahnen in den verwinkelten und komplexen Korridoren der Visuellen Rationalität von Regula V. Burri. Ein Konzept zur soziologischen Analyse von wissenschaftlichen Bildern. Wenn ich so darüber nachdenke muss ich über mich selber lachen! Ich versuchte mit einem Konzept zur soziologischen Analyse wissenschaftlicher Bilder eine Definition von Kunst zu Formen – Wie bescheuert ist das denn! An dieser Stelle will ich aber auch erwähnen, dass Burris Konzept zur Bildinterpretation saumässig interessant, clever und durchdacht ist. Bloss halt nicht brauchbar für meine Zwecke.
Und doch will ich mich hier zur Definition von Kunst äussern. Eine solche existiert nämlich bis heute nicht wirklich. Und das finde ich bedenklich! Also will ich hier einmal festlegen, weshalb ich das bedenklich finde und versuche nochmals zu skizzieren, weshalb eine allgemeingültige Definition von Kunst nötig ist.
Aussagen wie “alles kann Kunst sein” oder “Die Definition von Kunst ist, dass man sie nicht definieren kann” mögen ja im Grunde genommen überaus in Ordnung – ja gar wünschenswert – sein. Diese Aussagen sind jedoch seit jenem Punkt problematisch, an dem die Kunst einen Grundrechtsschutz zugesprochen erhielt. Mit diesem Schutz, der notabene in der Verfassung verankert ist gestehen die Menschen den Kunstschaffenden zu, dass das Eingreifen des Staates in ihr Schaffen mindestens gehemmt wird, es sei denn zu deren Förderung. (Man kann sich vorstellen, dass es da weitläufige Ausnahmegebiete und viele ‘wenns’ und ‘abers’ gibt. Bleiben wir nun aber mal beim Thema.) Auch das klingt nach einer super Sache. Aber der Missbrauch ist – wie so häufig – nicht weit.
Ich hab mich mal im Zuge meines Kunstgeschichtsstudiums kritisch darüber geäussert, dass Social Art pauschal als Kunstform akzeptiert wird. Die Quittung dafür hatte ich umgehend von meinen Kommilitonen erhalten. Mit ihren Blicken und dem leisen getuschel wurde ich zum fleischgewordenen Antichristen erkoren. Grund für meine Äusserung war das Social-Art-Werk «The roof is on fire» (Lacy, Jacoby, Johnson, 1991-94). Ich betitelte dies vor allen als «im Grunde genommen die Arbeit von Sozialarbeitern mit einer Künstlerin als Werbetrommel» und fühlte mich bestätigt als uns ein Werk vorgestellt wurde, welches zu Inhalt hatte, Restaurants an der Flüchtlingsrouten nach Europa zu erstellen. Hier bitte nicht falsch verstehen! Die Verpflegung von Menschen, die auf der Flucht vor Krieg sind, ist wichtig und richtig. Dennoch scheint hier die Kunst als Schutzschild gegen staatliche Eingriffe und Massnahmen zu dienen, was im Endeffekt eine Untergrabung dieses schützend wirkenden Grundrechts ist.
Und schon sind zwei mögliche Missbrauchskategorien der Klassifizierung «Kunst» genannt: Werbung und Grundrechtsschutz.
Solche Projekte sind für mich wie die Randalen, die sich unter Demonstranten mischen.
Auf die andere Seite mag man sich fragen, ob man die Einschränkung wirklich eingehen will, welche eine entsprechende Definition über das künstlerische Schaffen legen würde. Und genau hier finde ich, dass eine solche Definition kaum Einschränkungen mit sich bringt. Ich meine, wir sprechen hier nicht von einer Abgrenzung zu einer Straftat, die das Werk, bei nicht-zutreffen verbieten würde. Wir sprechen bloss von einem Zensurschutz vor dem Staat. Und dann gibt es ja auch noch die Meinungs- und Informationsfreiheit, welche künstlerische Inhalte und enthaltene Ansichten etc. zusätzlich schützt. Wenn aber der Begriff Kunst nicht definiert wird, so verwischt sich der Wert, den dieser Begriff für die Menschen hat.
Denn wenn die Menschen beim Begriff «Kunst» vermehrt an ein einfaches Werkzeug der Demagogie denken, so könnte die Freiheit der Kunst zusehends in Frage gestellt werden.
Für mich ist also klar: Die Kunst zu definieren ist eine traurige Notwendigkeit um die Kunst selber zu schützen.
Bist du anderer Meinung, dann schreib das auf der Facebook-Page von ArtCon! Würde mich freuen, wenn eine gesunde Diskussion darüber entsteht…
Hat dir dieser Artikel gefallen? Du kannst du uns unterstützen, in dem du uns auf Social Media teilst, uns Feedback gibst oder dich für der Newsletter anmeldest